Sonntag, 18. Oktober 2015

"Schulmedizin"



Unsere Schulmedizin ist eine genormte Medizin. Sie stützt sich auf messbare Daten und Fakten. Nur was auf Evidenz basiert, also was in klinischen Studien messbar nachgewiesen werden konnte, gilt.
Diese Tatsache gipfelt in den heute von den Fachgesellschaften herausgegebenen "Leitlinien", die für viele Krankheiten existieren. Sie geben einem Arzt ein Protokoll, eine Anleitung an die Hand, mit dem er eine bestimmte Krankheit Schritt für Schritt behandeln kann. Da kommt zunächst Schritt A mit der Untersuchungsmethode A und dem Medikament A. Wenn das nicht hilft, kommt Schritt B, und so weiter...

Diese Leitlinien sind Fluch und Segen zugleich. Ein Segen, weil sie allen Ärzten gleichermaßen Zugang zu den momentan anerkannten Behandlungsstandards gewähren. Individualität und Eingehen auf den Patienten bleiben dabei allerdings oft auf der Strecke. Aus Angst vor Schadensersatzforderungen müssen sich die Ärzte an diese Schemata halten. Denn wenn etwas schief geht, müssen sie sich fragen lassen, wieso sie von den Leitlinien abgewichen sind.
So findet eine weitgehende Standardisierung der Medizin mit wenig Platz für Spielraum statt. Ist der Weg zum Computer-gesteuerten Arzt nicht mehr weit ?

Was ist aus dem "guten Arzt" geworden, der seinen Patienten tief in die Augen schaut, der die familiären Umstände des Patienten kennt, seine Sorgen und Nöte bei der Arbeit, der sich den Menschen im Gesamten anschaut, und bemerkt, dass er vielleicht ein ängstlicher, ein unsicherer Typ ist, oder dass die Kleidung in letzter Zeit nachlässiger geworden ist ?  Der Arzt, der seine Intuition, seine Wahrnehmung noch vor den Leitlinien oder zumindest gleichzeitig mit ihnen einsetzt - warum hat man den Eindruck, dass es ihn immer seltener gibt ?
Die zunehmende Spezialisierung hat diesen Part den Hausärzten zugewiesen. Ich frage mich, ob aber nicht auch ein spezialisierter Arzt ein solch offenes Ohr für seine Patienten haben kann. Natürlich sind die Terminkalender in den meisten Praxen übervoll. Manche Patienten sind allzu gesprächig und kommen nicht gut auf den Punkt. All das steigert nicht gerade die ärztliche Geduld und Gelassenheit.
Hier kann der Patient die Arbeit des Arztes unterstützen, indem er sich bereits zuhause Gedanken darüber macht, was er mitteilen will, sich Notizen macht und dem Arzt genau diese Punkte präsentiert.



In vielen Bereichen hat die Leitlinien-Medizin ihre volle Berechtigung. An vorderster Stelle in der Akut- und Notfallmedizin. Hier geht es oft um Leben oder Tod.
In anderen Bereichen, z.B. wenn es keine griffige Diagnose gibt, die Patienten diffuse Beschwerden haben, versagt sie komplett.

Hierzu mehr, in einem meiner nächsten Blogbeiträge. Bleibt dran, abonniert mich per eMail, werdet Mitglied auf meiner Seite !
:-)





Montag, 12. Oktober 2015

12 von 12 im Oktober

Diesen Monat bin ich nach einer Pause im September wieder dabei bei 12 von 12.
 Eine Aktion initiiert vom Blog Draußen nur Kännchen

An jedem 12. eines Monats veröffentlichen Menschen 12 Fotos, am besten von ihrem Tagesablauf, auf ihrem Blog.
Ich hoffe, ich kann dadurch auch in diesem Monat wieder viele neugierige Leute auf meinen Blog locken...

Ihr wollt also wissen, was heute bei mir so los war... 
Na denn:

Gleich nach dem Aufstehen koche ich mir wie immer einen hervorragenden Mate-Tee.






Danach geht's einmal nach Mannheim (heute mit den Öffentlichen) ...





...und aufgrund prächtigen Wetters frühzeitig wieder zurück...


...so dass ich am Nachmittag nach einer kurzen Pause auf dem Liegestuhl einen Spaziergang in den Weinbergen machen kann.

Ja und Nusskuchen gab's auch noch :-)

Bis bald wieder hier! Abonnenten und "Mitglieder" meines Blogs sind sehr herzlich willkommen !

Dienstag, 1. September 2015

...und wenn dann genau das eintrifft, wovor ich am meisten Angst habe?

In meinem letzten Blogbeitrag, den ihr HIER finden könnt, habe ich  über das Thema "Selbstabtasten der Brust" zur Krebsfrüherkennung berichtet.

Wenn der getastete Knoten, die von mir entdeckte Veränderung an der Brust  auch dem Frauenarzt komisch vorkommt, dann macht das natürlich erst einmal große Angst. Was ist, wenn es sich tatsächlich herausstellen sollte, dass der Knoten bösartig ist, ich also an bösartigem Brustkrebs, einem Mamma-Karzinom leide ?

Wie sind die Heilungschancen ?

Sie liegen bei rund 70%. Als geheilt gilt, wer 5 Jahre oder länger nach der Diagnosestellung überlebt hat, ohne dass die Krankheit erneut ausgebrochen ist.
Ganz entscheidend für die Möglichkeit der Heilung ist die Tatsache, ob der Tumor bereits gestreut hat oder nicht. Deshalb ist es so wichtig, den Tumor so früh wie möglich zu erkennen. Es steigert einfach die Heilungschancen enorm.
Sind Metastasen vorhanden, verschlechtert das leider die Prognose. Diese Situation nennt man palliative Situation.


Wie wird der Brustkrebs behandelt ?

Bei Verdacht auf einen Tumor, wird zunächst eine sog. Bildgebung gemacht. Dies ist z.B. eine Mammographie oder CT / MRT. Erhärtet sich der Verdacht, muss eine Probe des vermeintlichen Tumors entnommen werden. Dazu wird mit einer größeren Nadel, die innen hohl ist (Hohlnadel), in den Tumor gestochen und ein kleines Zylinderchen herausgenommen. Dies nennt man Stanzbiopsie. Diese Gewebeprobe wird von einem Pathologen untersucht.
Bestätigt sich der Verdacht, dass der Tumor bösartig ist, muss er in den allermeisten Fällen herausoperiert werden. Außerdem wird eine Untersuchung des Skeletts (ein Knochenszintigramm) gemacht, sowie eine Ultraschalluntersuchung des Bauchraumes. Hierbei kann man sehen, ob es Metastasen z.B. in Knochen oder Leber gibt.
Wenn der Tumor noch nicht gestreut hat (adjuvante Situation), hat man große Chancen, ganz geheilt zu werden und es kann sogar sinnvoll sein, noch vor der OP eine Chemotherapie zu machen (dies ist die sogenannte neo-adjuvante Situation) , um den Tumor zu verkleinern oder gar ganz zum Verschwinden zu bringen. Nach der OP kann dann nochmal eine Chemotherapie angeschlossen werden.
Ganz entscheidend für die Wahl der Behandlung ist neben der Ausbreitung des Tumors auch der sogenannte Rezeptorstatus (die Beschaffeneheit der Zelloberfläche der gefundenen Tumorzellen). Manche Tumoren werden durch die weiblichen Hormone Östrogen oder Progesteron zum Wachsen angeregt. Hier wäre dann z.B. eine Therapie mit hormonhemmenden Substanzen möglich. Das ist die Situation, zu der man im Volksmund sagt "die Patientin wird künstlich in die Wechseljahre versetzt". Zusätzlich kann nach der Chemotherapie auch eine Bestrahlung sinnvoll sein.

Nach einer neoadjuvanten oder adjuvanten Therapie ist eine vollständige Heilung möglich. Im ersten Jahr nach Therapieende sollten vierteljährliche Kontrollen beim Frauenarzt stattfinden, bis zum vierten Jahr nur noch halbjährliche. Danach reichen jährliche Untersuchungen aus.

Etwas anders sieht es aus, wenn der Krebs gestreut hat. Auch hier gibt es viele verschiedene Möglichkeiten, viele unterschiedliche Therapien. Die Situation ist dann jedoch die, dass es sein kann, dass der Brustkrebs nicht ganz geheilt werden kann. Man kann das vergleichen mit einer chronischen Erkrankung. Man stirbt nicht sofort daran, muss aber wahrscheinlich regelmäßig therapiert werden, um den Krebs in Schach zu halten. In dieser Situation ist das Therapieziel, das Leben so weit wie möglich bei guter Lebensqualität zu verlängern.

Soviel für heute. Auf das Thema Brustkrebs komme ich bestimmt zu späterer Zeit noch einmal zurück.

Sonntag, 30. August 2015

Ein paar Basics zum Thema Brustkrebs-Früherkennung heute ?

Ja, im Grunde hat man das alles schon einmal irgendwo gelesen.
Aber es kann gar nicht oft genug geschrieben werden.

Mädels, tastet eure Brüste ab !

Früherkennung ist wichtig !

Also los geht's.

Wie taste ich am besten meine Brust ab ? 

Für Frauen vor der Menopause, die also noch einen regelmäßigen Zyklus haben, ist der beste Zeitpunkt für die Selbstuntersuchung der Zeitraum eine Woche nach der Regel. Da ist die Brust schön weich. Frauen, bei denen die Wechseljahre bereits eingesetzt haben, nehmen am besten immer den gleichen Tag im Monat.

Ihr nehmt die mittleren drei Finger der Hand und tastet die Brust mit den Fingerkuppen in kleinen kreisenden Bewegungen ab, und zwar sowohl horizontal als auch vertikal. Vergesst keine Stelle ! Und tastet mit unterschiedlichem Druck, so dass ihr auch tiefer liegende Regionen erreicht. Alles weich ? Dann ist alles prima.
Wenn ihr regelmäßig zu eurem Gynäkologen / eurer Gynäkologin geht, erinnert euch daran wie er/sie das immer macht. Hat man ja im Normalfall schon oft genug mitgemacht ...
Wenn ihr die Brust vorher eincremt oder einölt, geht das Selbstabtasten noch besser.

Durch die Selbstuntersuchung können kleine Tumore ab ca. 1 cm Größe entdeckt werden.

Auch der Blick in den Spiegel ist wichtig. Wenn ihr die Arme gleichzeitig anhebt : Heben sich die Brüste unterschiedlich an ? Nehmt die Arme wieder neben den Körper: Gibt es Unterschiede zwischen den Brüsten in Größe oder Form ? Hängt eine Brust plötzlich tiefer als die andere ? Gibt es Dellen ? Farbveränderungen ? Hautveränderungen ? Wie sehen die Brustwarzen aus? Haben sie sich eingezogen ? Kommt Sekret heraus ?

Ganz klar hat man nicht immer gleich Brustkrebs, wenn man eine dieser Veränderungen bemerkt. Sie geben Hinweise, dass man die Brust lieber mal einem Fachmann, also eurem Gynäkologen, zeigen solltet.


Welche Untersuchungen zur Früherkennung werden von meiner Krankenkasse bezahlt ?

Frauen ab 30 können sich einmal pro Jahr ihre Brüste vom Frauenarzt abtasten lassen. Zwischen 50 und 69 Jahren kann alle 2 Jahre eine Mammographie in Anspruch genommen werden (über Sinn und Unsinn dieser Untersuchung gehen die Meinungen jedoch sehr auseinander).
Bei einem akuten Verdachtsmoment, wird euer Frauenarzt aber selbstverständlich gleich danach schauen und alle nötigen Untersuchungen veranlassen, unabhängig davon, wann er eure Brust das letzte Mal abgetastet hat..


Gehöre ich zu einer Risikogruppe ?

Das Risiko Brustkrebs zu entwickeln, ist statistisch niedriger bei Frauen, die mehrere Geburten hatten und gestillt haben. Sie leiden später seltener unter Brustkrebs. Statistik eben. Es kann einen aber leider trotzdem treffen, auch wenn diese Voraussetzungen vorliegen.

Brustkrebs kann begünstigt werden durch die Hormonumstellung nach den Wechseljahren, schlechte Ernährungsgewohnheiten, Übergewicht, Bewegungsmangel und Alkoholkonsum.
Jaaaaaa, es kann sich lohnen, öfter mal ein bisschen auf sich aufzupassen.

Wenn es nun aber passiert ist, und ich einen Knoten oder eine andere Veränderung entdeckt habe, geht kein Weg am Besuch beim Frauenarzt vorbei.
Was dann im schlimmsten Fall auf einen zukommt, darüber schreibe ich in meinem nächsten Blogbeitrag.








Mittwoch, 12. August 2015

12 von 12 im August

Heute ist 12-von-12-Tag ! Eine Aktion initiiert vom Blog Draußen nur Kännchen. An jedem 12. eines Monats veröffentlichen Menschen 12 Fotos, am besten von ihrem Tagesablauf, auf ihrem Blog. Ich habe bereits zweimal mitgemacht, im Juni und im Juli. Ein nettes Spielchen, um seinen Blog bekannter zu machen.

Hier seht ihr also meinen bisherigen Tag:

Des Morgens bin ich heute mit dem Auto in mein liebes Mannheim hineingefahren. Ja, ich gebe es zu, ich habe beim Autofahren fotografiert, aber es ging gerade gefahrlos und ich werd's sicher nicht wieder tun ;-)
Das Bild vom Wasserturm habe ich dann an der roten Ampel stehend am Friedrichsplatz gemacht. Mannheim an einem Sommertag im Morgenlicht ist einfach herrlich. Da möchte man lieber um den Wasserturm spazieren, sich aufs Gras setzen, den Wasserspielen zusehen, danach im Straßencafé sitzen ... Aber nein, auch heute gehen wir wieder brav arbeiten. Die Pflicht ruft. 
Ich fahre mit dem Aufzug in den 7. Stock und mache blitzschnell ein Selfie im Fahrstuhlspiegel, bevor jemand zusteigt.


Oben angekommen geht mein erster Gang an den Tassenschrank. Alle Tassen im Schrank ? Haha ... ich kann ja nicht aus Werbetassen trinken, deshalb steht die Meine mit Namen drauf neben den anderen und wehe die leiht sich mal einer aus... !
Der Rest des Arbeitstages ist wie immer aus Gründen gaaanz schlecht zu knipsen.  Ich habs ja probiert, aber kein interessantes Motiv gefunden. Deshalb geht es erst auf dem Nachhauseweg weiter, und zwar mit der gruseligsten Tiefgarage Mannheims. Tja, welche Tiefgarage ist schon schön ? In unserer riecht es wenigstens fast immer nach Räucherstäbchen. Drüber ist ein Asia-Laden und durch die Lüftung duftet es immer so schön in der Tiefgarage. Da kriegt man Aussicht und Duft im Kopf immer so schwer zusammen.
Die Post habe ich dann auf dem Heimweg in den Holy-Graffiti-Briefkasten in der Augustaanlage eingeworfen. Was man nicht alles knipst, wenn man 12 Bilder braucht ;-)

Zuhause angekommen fand ich das Haus wunderschön aufgeräumt vor. Mein Teenager-Ferien-Kind hat Wort gehalten. Ich hatte es um 11 Uhr extra angerufen und zum Aufräumen gezwungen. Das hat wohl funktioniert :-) Mittagessen fällt sehr einfach aus. Ein Käsebrot. Niemals hätte ich es so schön angerichtet, wenn ich es nicht hätte fotografieren müssen.

So. Zwei fehlen noch. Da gibt's nachher ein Update vom Badesee :-) 
... von wegen ... hatte natürlich kein Phone zum See mitgenommen, damit es nicht geklaut wird.
Ja, dann gibt's eben gleich noch ein Gartenbild und ein Bild meiner zwei neuen Errungenschaften vom öffentlichen Bücherregal am Badesee.
Viel Spaß noch mit den anderen 12von12s vom Kännchen-Blog !

Donnerstag, 6. August 2015

Habe ich nun eine Polyneuropathie, die durch die Chemotherapie verursacht wurde ?

(Fortsetzung des Themas nach einem Vortrag von PD Dr. Helmar Lehmann, Uniklinik Köln)

In meinem letzten Blogbeitrag zum Thema Polyneuropathie hast Du erfahren wie diese entsteht und wie sie sich äußert.

Wenn Du nun ein Patient bist, der sich sorgt, ob er durch die Chemotherapie eine Nervenschädigung erlitten hat, kannst du das mit drei einfachen Fragen feststellen:

  1. Habe ich Taubheitsgefühle in den Füßen ?
  2. Habe ich Schmerzen in den Füßen ?
  3. Bemerke ich eine zunehmende Gangunsicherheit ?
Wenn Du eine oder mehrere Fragen positiv beantwortest, dann sollte man schauen, ob Du nicht gerade dabei bist, eine PNP (Polyneuropathie) zu entwickeln.

Etwa ein Drittel aller Patienten, die eine Chemotherapie erhalten, leidet unter einer PNP, aber nicht jedes neurologische Symptom kann man auf eine Neuropathie zurückführen.
Ausgeprägte Lähmungserscheinungen zusammen mit nur geringen Sensibilitätsstörungen z.B. sind eher keine PNP. Die häufigsten Formen der PNP betreffen die Nerven, sind also sensible Polyneuropathien.
Ausgeprägte Blasen- oder Mastdarmstörungen sind kein typisches Symptom einer PNP, Sehstörungen gehören auch nicht dazu.
Auch nicht einseitige Beschwerden oder Beschwerden, die erst Monate oder Jahre nach Ende der Chemotherapie auftreten.
Hier muss der Arzt besonders wachsam sein, ob andere Faktoren eine Rolle spielen.
Bei den genannten Beschwerden muss weiter untersucht werden und eine Metastasierung der Tumorerkrankung ausgeschlossen werden.

Welche Untersuchungen kann der Arzt durchführen, wenn der Verdacht nahe liegt, dass eine PNP vorliegen könnte ?

Eine vollständige Untersuchung beim Neurologen ist aufwändig und dauert ca. 45 Minuten. 
Es gibt aber auch drei einfache klinische Tests, mit denen man nach einer PNP schauen kann.
  1. Der Stimmgabel Test : eine Stimmgabel vibriert, wenn sie angeschlagen wird. Die Stimmgabel wird dem Patienten auf den Fußknöchel gesetzt und der Patient muss sagen, ob er die Vibration spürt und wie stark (auf einer Skala von 0 bis 8). So kann abgelesen werden, wie ausgeprägt das Vibrationsempfinden des Patienten ist. Dieser Versuch wird allerdings mit einer speziellen Stimmgabel gemacht, eine normale Stimmgabel eignet sich dafür nicht.
  2. Einer der frühesten klinischen Tests, die man machen kann ist der Muskel-eigen-reflex-test. Muskeleigenreflexe werden ja gerne von den Neurologen gemessen, das ist die Sache mit dem Hämmerchen. Es gibt mindestens zehn verschiedene Muskeleigenreflexe. Der wichtigste zur Beurteilung einer möglichen PNP ist der Achilles-Sehnen-Reflex, weil die PNP eben im Bereich der Füße anfängt. Bei einer PNP ist dieser Reflex auf beiden Seiten nicht mehr vorhanden.
  3. Der Romberg-Test ist ebenfalls ein einfach durchzuführender Test. Der Patient wird gebeten die Beine eng nebeneinander zu stellen und die Arme nach vorne zu nehmen. Dabei sollen die  Augen geschlossen werden. Normalerweise bleiben wir in dieser Haltung gerade stehen. Ein Patient mit einer durch Chemotherapie verursachten Polyneuropathie fängt jedoch an zu schwanken. Dies bezeichnet man als "Romberg-Versuch-unsicher". Da die sensiblen Nervenfasern betroffen sind, bekommt der Patient keine Information mehr, wie der Körper im Raum steht. Stell Dir vor, Du kannst deine Füße nicht mehr spüren. Du entwickelst eine Unsicherheit, wenn Du die Augen schließt.
Im Alltag steuern Betroffene dies alles mit den Augen und erhalten so die fehlenden Informationen über andere Sinneseindrücke. Sie geben an, dass es tagsüber gut klappt mit dem Gehen. In der Nacht hingegen, wenn sie z.B. auf die Toilette müssen, dann ist es ihnen total schwindelig und sie sind gangunsicher, weil sie z.B. nur ein kleines Licht anschalten. Dann haben sie, wie bereits erwähnt, keine Informationen darüber, wie sie im Raum stehen.

Demnächst mehr darüber, wie eine Neuropathie den weiteren Verlauf der Chemotherapie beeinflussen kann und was man gegen eine PNP tun kann. See you ! :)


Dienstag, 14. Juli 2015

Mal unter 4 Augen ...

Ich schreibe hier im Blog nun immer über die Themen, mit denen ich mich aktuell beschäftige, die mich interessieren und an denen ich meine Umwelt teilhaben lassen will, die ich der Welt erklären möchte - muss aber ehrlich zugeben, dass ich noch nicht so ganz weiß, für wen ich denn schreiben will.
Für Krebspatienten ? Für Medizinstudenten ? Für Krankenschwestern ? Für Menschen, die nach einer bestimmten Antwort auf ein aktuelles Problem im Netz suchen ?
Wer ist meine Zielgruppe ?
Ich spicke bei anderen Bloggern, lese Ratschläge von erfolgreichen Web-Rangern, die Frage treibt mich täglich um.
Solange ich noch keine Antwort darauf gefunden habe, mache ich einfach weiter wie bisher und wünsche mir nichts mehr als ein erstes Mitglied meiner Seite oder etwa Kommentare auf meine Blogbeiträge. Es ist ja nicht so, dass mein Blog nicht aufgerufen wird...
Wer mir also einen Wunsch erfüllen möchte ... ihr wisst, was ihr zu tun habt ;-)
Ich wünsche mir, dass mein Blog wächst und sich formt, und eine Eigendynamik entwickelt, ganz nach euren Wünschen.

Sonntag, 12. Juli 2015

12 von 12 im Juli

Damit ihr mich ein bisschen besser kennenlernt, beteilige ich mich am Blog-Projekt 12von12. Das hätte ich heute, nach einem ereignisreichen Wochenende mit Besuch einer lieben Freundin beinahe vergessen. Doch heute ist der 12. Juli, und ich möchte euch mit 12 Bildern meinen Tag zeigen.
Wie gesagt, Namensvetterin Petra war zu Besuch und der Tag war bis 15 Uhr geprägt von Freundschaften. Das ist natürlich ein zum Veröffentlichen gänzlich ungeeignetes Thema, weil es unbeteiligte Menschen betrifft.
So begann ich erst um 15 Uhr aus der Bahn heraus zu fotografieren. Mein geliebtes Heidelberg ! Angefangen mit Bahnhof und Print Media Akademie, die Kurfürstenanlage, meine ehemalige Arbeitsstelle am Römerkreis, dann den Bismarckplatz, von der Theodor-Heuss-Brücke aus das Schloss. Zuhause angelangt machte ich mir auf der Terrasse ein schönes Arbeitsplätzchen zurecht. Auch Kater Leo ging pflichtbewusst seiner Arbeit nach, dem lauten Einfordern von Abendfutter.
Zum Abendessen versorgte mein Teenager uns mit selbstgeholter Pizza und der Abend endete mit einem schönen Regenschauer und einem leckeren Tee aus meinen wunderschönen neuen Teegläsern.



Ameisenkribbeln - Durch Chemotherapie verursachte Polyneuropathien (PNP)

(nach einem Vortrag von PD Dr. Helmar Lehmann, Uniklinik Köln)

Etwa 30% aller Krebspatienten, die eine Chemotherapie erhalten, entwickeln eine sog. Chemotherapie-induzierte Polyneuropathie (PNP), also eine Nervenschädigung als Nebenwirkung der Chemotherapie.

Diese Art der Nervenschädigung ist für viele Therapien der Dosis-limitierende Faktor, der einer optimalen Behandlung von Krebstherapien entgegensteht. Das heißt, dass die Chemotherapie aufgrund dieser Nebenwirkung nicht in der vollen Dosis und den vorgesehen Zeitintervallen verabreicht werden kann.

Die Polyneuropathie beeinträchtigt die Lebensqualität von Krebspatienten weiterhin, auch wenn die zugrunde liegende Krebserkrankung geheilt ist. Sie führt zu sensiblen (die Nerven betreffenden) und motorischen (die Muskulatur und Bewegung betreffenden) Einschränkungen.

Wie schädigen Chemotherapien die Nervenfasern ? 
Verschiedene Chemotherapien können die Nervenzellen angreifen.
Taxane, z.B. das Paclitaxel, greifen Strukturen innerhalb der Nervenfortsätze an, andere Substanzen, wie z.B. das Vincristin, greifen bestimmte Zellorganellen in den Nervenzellen an. Wieder andere Substanzen können die „Kabelisolierung“ der Nervenzellen angreifen, z.B. das Bortezomib.

Die meisten Substanzen haben sogar verschiedene Angriffspunkte an der Nervenzelle. Bortezomib z.B. greift sowohl die Mikrotubuli (ein Teil des Zellskeletts) an, die Zellorganellen und auch die „Kabelisolierung“. Das macht es so schwierig, Substanzen zu entwickeln, um eine Polyneuropathie zu verhindern. Es spielen viele verschiedene Mechanismen eine Rolle.

Nicht jede Substanz ruft eine PNP hervor, aber es gibt ganz typische Konstellationen.

Cisplatin, z.B. ist eine alte Substanz, die dosisabhängig eine PNP hervorruft. Bei mehr als 500 mg pro qm Körperoberfläche entwickelt sich in mehr als 90% der Fälle eine PNP. Beim Cisplatin gibt es eine Besonderheit, das sog. Coasting-Phänomen: Während sich die PNP-Symptome normalerweise nach Pausieren der Chemotherapie über einen Zeitraum von Wochen und Monaten bessern, kann es beim Cisplatin passieren, dass die PNP nach Unterbrechung der Therapie weiter zunimmt. 
Beim Bortezomib, das vor allem bei Patienten mit Multiplem Myelom eingesetzt wird, findet sich in ca. 30% der Fällen eine schmerzhafte PNP, weniger häufig nach s.c.-Gabe (Bauchspritze und nicht über die Vene oder den Port).
Vincristin ist auch eine alte Substanz und löst sehr häufig eine PNP aus.
Beim Taxan Paclitaxel, gibt es unterschiedliche Formulierungen (siehe meine letzten Blogbeiträge). Sowohl Paclitaxel als auch nab-Paclitaxel (Abraxane) können eine PNP auslösen. Beim nab-Paclitaxel ist diese aber schneller reversibel, d.h. sie bessert sich schneller nach der Chemotherapie. Das hat wahrscheinlich etwas damit zu tun, dass die Trägersubstanz beim Paclitaxel, das Cremophor, selbst ebenfalls eine PNP auslösen kann.

Wie äußert sich eine Polyneuropathie ?

Ein häufiges Symptom ist Taubheitsgefühl  (Ameisenlaufen) und dieses hat ein ganz typisches Verteilungsmuster, nämlich vor allem im Bereich der Hände und Füße.
Das zweithäufigste Symptom sind Schmerzen. Patienten berichten, dass Berührungen, die normalerweise als nicht unangenehm empfunden werden, auf einmal extrem schmerzhaft sind. Z.B. die Bettdecke kann nicht mehr ertragen werden. Patienten können nur noch in einer bestimmten Position schlafen. Der Fachbegriff dafür ist Allodynie.
Weitere Symptome der PNP sind Lähmungen der Fußmuskulatur oder eine Änderung der Schweißsekretion. 
Bei chronischen Polyneuropathien kann es zu Fußdeformitäten kommen, im Verlauf kann eine Gangunsicherheit auftreten. Die Patienten sollen gezielt auf diese Symptome angesprochen werden. Auffallend ist z.B., wenn sie zum Gehen plötzlich einen Stock benötigen.

Die meisten Chemotherapie-induzierten PNPs sind sensible PNPs, keine motorischen PNPs. Motorische PNPs können sich erst im Verlauf entwickeln.
Wenn ein Patient Symptome entwickelt, sind es in den allermeisten Fällen sensible Beschwerden.

Warum beginnt eine PNP immer im Bereich der Füße und greift dann auf die Hände über ?

Dies kann man sehr gut durch die Anatomie erklären. Die peripheren Nerven im Bereich der Hände und Füße sterben als erstes ab. 
Warum ist das so ? Beim Menschen liegt der 10 µm lange Zellkern der peripheren Nervenzelle im Bereich des Rückenmarks. Der Nervenfortsatz hingegen kann bis zu einem Meter (!) lang werden.
Es gibt also einen extrem langen Nervenfortsatz, der viel Angriffsfläche bietet und deshalb als erstes abstirbt. Im Bereich des Rückenmarks werden alle Nährstoffe produziert, alle Wachstumsfaktoren und diese müssen über den ganzen langen Weg transportiert werden. So wird klar, wieso Beschwerden immer im Bereich der Füße zuerst auftreten. 




Quellen:
  • del Pino, 2010
  • Kannarkat et al.

Freitag, 19. Juni 2015

nab-Paclitaxel oder Abraxane® : das neueste Mitglied der Taxan - Familie

Wie versprochen, berichte ich euch heute weiter über das nab-Paclitaxel (Handelsname Abraxane®).
Abraxane ist an das Eiweiß Albumin gebunden und kann somit ganz natürliche (sog. physiologische) Transportwege im Körper und somit auch zum Tumor, nutzen. Das konventionelle Paclitaxel und das Docetaxel sind beide an Ethanol, also Alkohol gebunden. Das kann bei emfindlichen Patienten schon mal einen kleinen Alkoholrausch auslösen und ist somit auch problematisch z.B. bei trockenen Alkoholikern. Beide Substanzen sind aber noch an weitere Trägersubstanzen gebunden. Docetaxel ist außerdem an Tweed 80 gebunden und das konventionelle Paclitaxel an Castoröl (sog. Cremophor),  was zu Überempfindlichkeitsreaktionen wie allergischen Reaktionen führen kann. Um diese Reaktionen zu vermeiden wird vor dieser Chemotherapie immer eine sog. Prämedikation gegeben, d.h. bestimmte Medikamente wie Antiallergika und Cortison. Abraxane braucht eine solche Prämedikation nicht. Auch kann es mit einer Infusionsdauer von nur 30 min. schneller verabreicht werden, als seine älteren Verwandten Paclitaxel (3 Stunden) und Docetaxel (1 Stunde).
Dadurch, dass das nab-Paclitaxel sich verstärkt im Tumor anreichert, wird ihm eine erhöhte Antitumoraktivität zugesprochen, zumal Tumore auch einen hohen Umsatz an Albumin haben. Ein einziges Albumin-Molekül kann mehr als 6 Paclitaxelmoleküle binden und transportieren, was zu einer 33% höheren Anreicherung von Abraxane am Tumor führt wie bei der gleichen Dosierung mit Paclitaxel.
Nab-Paclitaxel ist dabei auch weniger giftig, was Experimente mit Mäusen gezeigt haben.

Bei welchen Tumoren wird Abraxane® eingesetzt ?

Es darf bei drei verschiedenen Krebsarten zum Einsatz kommen:

Abraxane® allein kann beim Brustkrebs eingesetzt werden, der Metastasen gebildet hat, und bei dem die erste Behandlungsoption (die sog. Erstlinientherapie) fehlgeschlagen ist und auch eine anthracyclinhaltige Therapie nicht in Frage kommt.

Bei Patienten mit einem Adenokarzinom der Bauchspeicheldrüse, das Metastasen gebildet hat, darf es in Kombination mit Gemcitabin eingesetzt werden.

Bei einer Form des Bronchialkarzinoms, nämlich dem Nicht-kleinzelligen, darf es in Kombination mit Carboplatin als Erstlinienbehandlung eingesetzt werden,aber auch nur, wenn eine potentiell kurative (heilende) Operation und/oder Strahlentherapie nicht möglich ist.
Wir sprechen hier selbstverständllich nur von erwachsenen Patienten.

Alles ziemlich kompliziert. So kompliziert ist die Arzneimittelzulassung. Das ist zu unser aller Sicherheit. Aber es gibt auch Ausnahmen. Und so kann Abraxane® in begründeten Fällen auch außerhalb seiner Zulassung eingesetzt werden, z.B. wenn die anderen beiden Taxane nicht vertragen werden.

Mit welchen Nebenwirkungen ist bei Abraxane® zu rechnen ?

Die häufigste von den stärkeren Nebenwirkungen ist die sog. Neuropathie (Nervenfunktionsstörung), auf die ich bei meinem nächsten Blogbeitrag eingehen möchte. Außerdem kann es zu Müdigkeit, Muskelschmerzen und Erbrechen kommen.
Die Neuropathie soll durch Behandlungsunterbrechungen besser kontrollierbar sein als beim konventionelle Paclitaxel und sich auch schneller wieder verbessern, gleichwohl kommt sie auch häufiger vor, was aber auch evtl. der höheren Dosierung und der damit verbundenen höheren Wirksamkeit geschuldet ist. Durch die höhere Dosierung steigt teilweise die Nebenwirkungsrate.
Ein besonderes Augenmerk muss auf die frühzeitige Erkennung der Polyneuropathie gerichtet werden. Durch dieses frühzeitige Erkennen kann evtl. eine lange Behandlung mit Abraxane möglich werden.

Wie bereits erwähnt: demnächst geht's weiter mit dem Thema "Neuropathien", einer die Nerven betreffenden Nebenwirkung mancher Chemotherapeutika.
Bleibt dran :-)



Quellen:
Desai N., Ttrieu V, Yao Z et al. Increased antitumor activity, antitumor paclitaxel concentrations, and endothelial cell transport of cremophor-free, albumin-bound paclitaxel, ABI-007, compared with cremophor based paclitaxel. Clin Cancer Res 2006; 12: 1317-1324
Paal et al. High affinity binding of paclitaxel to human serum albumin. Eur J Biochem 2001, 286(7): 2187-91
Davidson N. The role of nab-paclitaxel in managing metastatic breast cancer: a report of three cases. EJC Supplements 8, no.1 (2010) 11-18
GradisharWJ, Tjulandin S, Davidson N et al. Phase III trial of nanoparticle albumin-bound paclitaxel compared with polyethylated castor oil-based paclitaxel in women with breast cancer. J Clin Oncol. 2005; 23; 7794-7803

Samstag, 13. Juni 2015

mein erstes 12 von 12

Mein erstes 12 von 12 ! Inspiriert vom Blog Draussen nur Kännchen.
Mein Tag gestern am 12. Juni begann natürlich mit arbeiten, klar. Ich dankte meiner wundervollen Kollegin mit Blümchen dafür, dass ich immer beruhigt in Urlaub fahren kann und den "Laden" immer in besten Händen weiß. Danach business as usual und wieder nach Hause durch das schöne city-heiße Mannheim :-)
At home dann Schulwerke bewundert, Essen gezaubert, Nachbarschaftshund gesittet, während das Teenie-Kind über den Französischvokabeln eingeschlafen war und mit einer wunderschönen Blaupause auf der Wange wiedererwachte. Nach dem Chorsingen am Abend noch bis zuletzt das zur Zeit so schön lange Tageslicht ausgenutzt und den von einer lieben Freundin geschenkten Rucola-Setzling endlich eingepflanzt, Junikäfer bewundert, den Kirschbaum gecheckt. Ein herrlich normaler Tag, der mal wieder mit dem Vorsatz endete, viel öfter meinen Blog zu füttern.

Montag, 20. April 2015

Der Einsatz von Taxanen bei Brustkrebs (Mammakarzinom) und Bauspeicheldrüsenkrebs (Pankreaskarzinom)



Ich bin gerade zurückgekehrt aus München, wo ich nicht nur meine beiden wunderbaren Münchner Freundinnen getroffen, sondern auch eine Fortbildung besucht habe zum Thema „Taxane und ihre Nebenwirkungen“. Darüber möchte ich euch gerne das Wichtigste berichten. Der Fokus bei den Nebenwirkungen lag auf den sogenannten Neuropathien, das heißt den Schädigungen desjenigen Teils des Nervensystems, das außerhalb von Gehirn und Rückenmark liegt, gemeint sind hier vor allem die Nerven an Händen und Füßen.

Taxane waren ursprünglich ein echtes Naturprodukt, sie wurden aus der Rinde der Pazifischen Eibe isoliert. Sie sind Teil der wertvollen Naturmedizin und gleichzeitig ein guter Beweis dafür, dass „Naturheilmittel“ nicht immer gleichzusetzen sind mit „unschädlich“ oder „mild“. 
Denn:Taxane sind ein starkes und wirkungsvolles Zellgift, das uns Mutter Natur zur Verfügung stellt. Sie hemmen das Zellwachstum und damit auch das Tumorwachstum. Sie greifen ein in die sich teilende Zelle und verhindern dabei durch die Hemmung des Abbaus des Spindelapparates, der Mikrotubuli, die den Hauptteil der Zellteilungsspindel ausmachen, die Zellteilung. Sie führen zum Absterben aller teilungsaktiver Zellen, u.a. auch Tumorzellen.

1969 wurde die wirksame Substanz erstmals isoliert und als Paclitaxel bezeichnet. Die Ausbeute an Paclitaxel aus der Rinde der Eibe war nur gering. Die pazifische Eibe gehört zu den am langsamsten wachsenden Bäumen und das Paclitaxel war nur aus der Rinde zu isolieren. Alle anderen Pflanzenteile enthielten kein Paclitaxel.
Glücklicherweise wurde man aber bei der Europäischen Eibe fündig. Ende der 90er Jahre gelang es, teilsynthetisch Paclitaxel aus deren Nadeln herzustellen, sowie später das Docetaxel, ein Abkömmling des Paclitaxel.

Das neueste Mitglied der Taxane-Familie, das EU-weit erstmals 2008 für bestimmte Krankheitskonstellationen beim Brustkrebs zugelassen wurde, ist das nab-Paclitaxel „nanoparticle albumin bound paclitaxel“ (Handelsname Abraxane, Fa. Celgene). Es ist die erste zugelassene tumorgerichtete Chemotherapie , die auf der sogenannten nab-Technologie basiert. Paclitaxel liegt hier an winzig kleinen Albumin-Nanopartikel einer mittleren Größe von ungefähr 130 Nanometer gebunden vor. Das Paclitaxel nutzt hier die natürlichen Trägereigenschaften des Eiweißes Albumin für eine schnelle und zielgerichtete Bekämpfung des Tumorgebietes.

In meinem nächsten Beitrag berichte ich zunächst weiter über das neuartige nab-Paclitaxel (Handelsname Abraxane), bevor ich dann zu den Nebenwirkungen der Taxane komme. Wenn ihr nichts verpassen wollt, abonniert doch meinen Blog. Ich würde mich sehr darüber freuen.

Samstag, 11. April 2015

Aktueller Fall: Nestschutz bei Windpocken (Varizellen)



Es sind nur noch wenige Tage bis zum Entbindungstermin. Das zweite Kind wird kommen.
Was passiert, wenn das Geschwisterkind plötzlich die Windpocken bekommt ?
Windpocken werden vom Varizella-Zoster-Virus hervorgerufen.
Ganz wichtig ist es, zu wissen, ob die Mutter die Windpocken in der Vergangenheit bereits durchgemacht hat. Wenn ja, wird sie sich nicht mehr anstecken und ihre Antikörper, die sie seitdem lebenslang in sich trägt, an das Neugeborene weitergegeben haben. Dieser sogenannte "Nestschutz" hält bis ca. drei Monate nach der Geburt an. Das von Windpocken betroffene Kind stellt für Mutter und Geschwisterchen in diesem Fall keine Gefahr dar.
Schwieriger ist es, wenn die Mutter sich nicht sicher ist, ob sie die Windpocken bereits durchgemacht hat. In diesem Fall wird der Gynäkologe durch eine Blutuntersuchung die sogenannte  Varizellen-Titerbestimmung durchführen.
Die Bestimmung des Titers gibt Auskunft darüber, ob und wieviele Antikörper gegen den Windpockenerreger vorhanden sind. Antikörper sind vom Immunsystem gebildete Eiweißstoffe zur Bekämpfung von Krankheitserregern.
Bis das Ergebnis der Blutuntersuchung vorliegt, dauert es etwa einen Tag.
In unserem aktuellen Fall hatte die Mutter einen ausreichend hohen Schutztiter gegen den Windpockenerreger. So besteht keine Gefahr durch Windpocken für das reif geborene Baby, auf das ich mich übrigens schon sehr freue. Happy birthday, kleiner David !

Sonntag, 8. Februar 2015

Ibrutinib (Imbruvica) bald auch für deutsche Morbus Waldenström Patienten verfügbar ?

Die amerikanische Arzneimittelzulassungsbehörde (FDA) hat die Zulassung für Ibrutinib auf die Behandlung des seltenen  B-Zell-Lymphoms Makroglobulinämie Waldenström erweitert.

Die Zulassung von Ibrutinib (Handelsname "Imbruvica") durch die FDA für die Behandlung von Patienten mit Morbus Waldenström am 29. Januar 2015 in den USA ist ein weiterer Fortschritt für Patienten mit diesem seltenen Blutkrebs.
Die Zulassung durch die FDA erfolgte für alle Waldenström-Patienten, sowohl als Erstlinientherapie als auch für bereits vorbehandelte Patienten.

Ibrutinib hemmt ein Enzym, die sog. Bruton's Tyrosin Kinase (BTK), welches das Wachstum einer Reihe von bösartigen B-Zell-Erkrankungen fördert, darunter die Chronisch Lymphatische Leukämie (CLL), das Mantelzelllymphom und die Makroglobulinämie Waldenström oder auch Morbus Waldenström (MW) genannt.

Morbus Waldenström ist ein seltener Typus von B-Zell-Lymphomen, der mit einer Häufigkeit von 1 Neuerkrankung pro 100.000 Einwohnern pro Jahr in Deutschland auftritt. In den USA sind ca. 1500 Menschen pro Jahr neu betroffen. Die Erkrankung ist charakterisiert durch eine Überproduktion von Eiweißen, die Immunglobulin M genannt werden, oder Immunglobulin M Antikörper, sowie durch das Eindringen von Tumorzellen in das Knochenmark.

Die FDA hat Ibrutinib bereits im Februar 2013 den Status einer Break Through Therapy (engl. für ‚Durchbruch in der Therapie‘) für die Behandlung von Morbus Waldenström zuerkannt. Somit war Ibrutinib Teil eines Programms mit dem Ziel, die Entwicklungs- und Überprüfungszeit für diese wirksame neue Medizin zu beschleunigen. Dieses Verfahren kann immer dann für die Behandlung einer ernsten oder lebensbedrohlichen Erkrankung angewandt werden, wenn vorausgehende klinische Nachweise ergeben haben, dass die Therapie eine grundlegende Verbesserung im Vergleich zu den bestehenden Therapien darstellt.

Trotz der Vielzahl an augenblicklich angewandten Therapien zur Behandlung des Morbus Waldenström, gibt es bislang keine Standardbehandlung für die Erkrankung und die Behandlungen führen nicht zu einer Heilung.

Fachleute halten die Zulassungserweiterung von Ibrutinib für eine vielversprechende Entwicklung für Patienten mit Morbus Waldenström. Während die meisten Waldenström-Patienten auf Kombinations-Chemotherapien gut ansprechen, ist das Wiederauftreten der Erkrankung leider häufig, so dass den Patienten bisher nicht zufriedenstellend geholfen werden konnte.

Ibrutinib hat bereits im November 2013 die amerikanische Zulassung für das wiederaufgetretene Mantelzell-Lymphom erhalten, im Februar 2014 für die wiederaufgetretene CLL und im Juli 2014 für CLL Patienten mit 17 p Deletion (Verlust eines bestimmten Gen-Abschnittes, der hemmend auf die Zellteiung wirkt).

In Deutschland erfolgte die Zulassung für alle drei Indikationen  im Oktober 2014. Am 1. Dezember 2014 gab die Firma Janssen-Cilag International NV (Janssen) bekannt, den Zulassungsantrag für Europa für Morbus Waldenström bei der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) beantragt zu haben.

Es ist also damit zu rechnen, dass "Imbruvica" schon bald auch Waldenström-Patienten in Europa zur Verfügung stehen wird.


Quellen:
http://www.mannheimer-onkologie-praxis.de/HenselWaldenstr%C3%B6mDLHKongressKarlsruhe19_6_10.pdf